Offener Brief an Bundesrat Alain Berset

Alain Berset

Herrn Bundesrat
Alain Berset
Schweizerische Bundeskanzlei
EDI
3003 Bern

 

Tragen nur Selbständigerwerbende die Last? 

Muttenz, 24. März 2020

 

Sehr geehrter Herr Bundesrat Berset,

vielen herzlichen Dank für die schnell zugängliche finanzielle Hilfe, die Sie und die Regierung für Selbständigerwerbende zur Verfügung gestellt haben.

Meine Frau ist Kosmetikerin; ich betreibe eine Einzelfirma, als Lieferant von Kosmetikartikel exklusiv für Kosmetikinstitute und Coiffure-Salons; beide ohne Einnahmen für die nächste unberechenbare Zeit.

Sollte unsere Branche am 20. April 2020 wieder arbeiten dürfen, würden die Umsätze in die nachkommenden Wochen oder Monate harzig steigen. Die Leute werden Kontaktangst haben und die 20%-ige Lohneinbusse wegen der Kurzarbeit im März-April wird sie bremsen, Dienstleistungen und Produkte in unserem Sektor wie üblich zu beziehen.

Auch wenn alle Endkundinnen und Endkunden unsere Dienstleistungen und Produkte voll wie bis anhin beziehen würden, würden die generierten Umsätze nicht den verlorenen Monat decken. Es ist, wie wenn Sie, geehrter Herr Bundesrat, Montag 20. April wieder im gewohnten Restaurant essen gehen: Sie würden zum Mittagessen nicht auch noch die Menus bestellen, die Sie während der Corona-Phase im Restaurant nicht gegessen haben, nicht wahr? Die Kundinnen der Kosmetik- und Coiffure-Branche werden sich in der Woche ab 20. April nicht zwei Mal die Haare schneiden oder färben lassen, sie werden nicht die verpassten wöchentlichen Gesichtsbehandlungen am gleichen Tag beziehen, sich nicht ein Makeup mehrmals aufschminken lassen usw. Es wird sehr schwierig sein, die Kosten zu decken und ein Gehalt aus den Einnahmen zu gewinnen.

Für die Kosmetikbranche kommt noch etwas hinzu: Die zugesprochene Entschädigung entspricht 80 Prozent des Einkommens und beträgt höchstens 196 Franken pro Tag. Diese wird aus dem Jahreseinkommen gerechnet. In den Monaten März – Juni sind aber die grössten Umsätze zu registrieren, weil sich die Kundinnen mit gezielte Körperbehandlungen für den Sommer vorbereiten. Eine Auszahlung von 80% des Durchschnitteinkommens ist meines Erachtens nicht fair. Die Umsatzstärksten Monate sind mit Corona verschwunden.

Dazu kommt noch, dass wir im Fall einer Kreditvergabe die Kreditlast tragen müssen. Uns bleibt also die wirtschaftliche Last der Zwangsschliessung, die wir gehorsam respektiert haben.

Meine Frage an Sie, Herr Bundesrat: aus welchem Grund tragen nicht alle in der Wirtschaft die Last des entstehenden Wirtschaftsloch? Warum zerdrückt die Corona-Walze hautsächlich die Kleinunternehmer?

Es wird uns unter die Arme gegriffen, damit wir die Rechnungen bezahlen können, und verlieren in der gleichen Zeit die Einnahmen. Mit dem eventuell zugesprochenen Kredit können wir die Miete, die Versicherungen, die Telefonie, die Bankzinsen, die AHV, die Krankenkasse, die MWSt, Strom- und Wassergebühren ohne Lücke bezahlen.
Firmen, Institute, öffentlich-rechtliche Leistungserbringer, sogar der Staat, kommen alle 100% zu ihren Einnahmen, ohne Verluste.

Ich denke an:

1.    Versicherungen
Geschäftsversicherung, Gebäudeversicherung, Betriebsversicherung, Haftpflichtversicherung: Was müssen wir haften, wenn unsere Betriebe geschlossen sind? Krankentaggeldversicherung, Erwerbsunfähigkeitsversicherung, Autoversicherung, Krankenkasse etc.
Auch wenn Versicherungsanstalten auf Home-Office schalten, sie haben keine Verluste.
Inwiefern tragen diese Unternehmen die Corona-Last?

2.    Steuern und Gebühren: z.B. Motorfahrzeugsteuer. Wenn Fahrzeuge beim Zu-Hause-Bleiben weniger verwendet werden, warum bleibt die ganze Steuer schuldig?

3.    Immobilienkosten: Mietobjekte.
Die Regierung verbietet uns die Geschäftsräumlichkeiten zu benutzen und Einnahmen zu generieren, Vermieter erfahren aber keine Einbussen? Sollten nicht eher die Vermieter vom Bund gezwungen werden, uns den Zugang zu den Mieträumen zu verweigern und somit den Mietzins nachlassen?

4.    Telekommunikation: Telefonie, Internet, Radio-TV. Warum können die Fixkosten nicht einfach annulliert werden, wenn die Infrastruktur nicht verwendet wird?

5.    Banken: Wenn pro Kleinunternehmer bis eine halbe Million Kredit verfügbar ist, aber höchstens 10% vom Umsatz, wie viele Coiffeusen oder Kosmetikerinnen glauben Sie, Herr Bundesrat, generieren 5 Millionen Umsatz? Obwohl die Banken 15% Bürgschaft ab 0.5 Mio. übernehmen sollen, kann man wirklich denken, dass die Banken auf diese Weise an den Verlusten teilhaben? Wenn sie erst beim Nichtbezahlen der Kredite bürgen sollen (ab 0,5 Mio.), wie tragen sie heute die Verluste der Wirtschaft mit? Null-% Einbusse für sie?

Zinsen und Spesen. Auch wenn der Kreditzins auf 1% gesetzt werden würde, ist es immer noch um 20% höher als der Zins für Hypotheken.

6.    Kraftstofflieferanten: Treibstoff, Strom, Wasser

7.    Nahrungsmittel und Grundbedürfnisse: Lebensmittelgeschäfte, verkaufen ihre Ware immer noch 100%; Haben also keine Umsatzeinbussen.

8.    AHV: wir erhalten 80%, aber die Beiträge bleiben 100%.

Ich glaube, etwas stimmt nicht in der Verteilung der Verantwortung, nicht wahr?

Ich bin mir sicher, sehr geehrter Herr Bundesrat, dass die Regierung viele ähnliche wie obige Aspekte durchdacht hat. Ich bitte Sie trotzdem nochmals nicht einen, sondern drei Schritte uns gegenüber zu machen.

 

Hochachtungsvoll

 

Timoteo Lauditi
LAUDITI EXTETICS

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